Bahamas und Cuba Januar bis März 2017

Nach dem langen Aufenthalt in Compass Cay segeln wir Mitte Januar weiter nach Süden und müssen uns mehrfach wegen Kaltfronten verstecken. Anfang Februar sind wir dann in Georgetown. Endlich mal wieder Versorgung allerdings zu happigen Preisen ( so gefühlte Coop-Preise plus 30%, aber meist lausige Qualität)). Wir bleiben nur kurz, es hat uns zu viele Boote, sicher so um die 200 vor Anker. Viele bleiben den ganzen Winter hier und nehmen an den vielen Aktivitäten teil, Volleyball, Kartenspiele, Beachparty usw. Wir wollen runter auf die Jumentos Cays und dann evtl. nach Ostcuba. Um von Georgetown auf die Jumentos runter nach Süden zu kommen muss man entweder durch eine schmale und untiefe Durchfahrt, das Hog Cay Cut oder einen Umweg von 2 Tagen über Long Island in Kauf nehmen. Das Hog Cay Cut hat laut Seekarte 0.9 m Tiefe, unser Tiefgang beträgt 1.5m. Bei Hochwasser, ca. 0.8m Tidenhub, könnte das klappen. Wir hätten dann theoretisch 20 cm Wasser unter dem Kiel. Aber falls wir nicht genau an der tiefsten Stelle durchgehen, dann sitzen wir auf Kies oder Fels. Und hier gibt es keinen TCS auf dem Wasser, keine Rettungsorganisation, dann steckt man fest bis jemand kommt der hilft, aber bei sinkender Tide ist nicht zu helfen, dann liegt das Schiff am Schluss auf Kies oder Fels und ein grösserer Schaden ist dann unausweichlich. Wir entscheiden uns für die sichere Seite, den Umweg.

 

Alles geht glatt und wir ankern auf der zweit nördlichsten Insel der Jumentos Gruppe, auf Flamingo Cay. Die Jumentos gelten laut Handbuch als abgelegenste und einsamste Inseln der Karibik. Es hat auf der ganzen Inselkette von ca. 150 km Länge kein Haus, kein Handynetz, kein Strom, kein nichts ausser Natur pur, so wie sie die Natur erschaffen hat. Nur auf der südlichsten Insel etwa 120 km nördlich von Cuba leben 50 Einwohner. Wir segeln nach Süden an Inseln vorbei wie Water Cay, Buena Vista Cay, Raccoon Cay, Double Breasted, Hog Cay, Ragged Island. Eine schöner als die andere, subtropisches Trockenklima mit Palmenarten und Hartlaubgewächsen und phantastischen Felsformationen. Auf einzelnen Inseln gibt es Süsswasser, das waren die Piratenstützpunkte von Captain Morgan, Blackbeard und anderen dunklen Gestalten. Das waren ideale Stützpunkte um die spanischen Silberflotten zu plündern. Sammelpunkt aller in Mittel -und Südamerika durch die Spanier geraubten Schätze war damals Havanna. Von da aus gingen die Güter mit spanischen Schiffen im Golfstrom nach Norden durch die Floridastrasse,und danach nördlich der Bahamas Richtung Bermuda und Azoren nach Sevilla. Hatten die Piraten von Spionen in Havanna Wind bekommen von einem bevorstehenden Transport nach Norden, brauchten sie mit idealem Rückenwind nur loszusegeln und die spanischen Schiffe nördlich von Cuba abzufangen. Danach im Golfstrom nach Norden bis in den Nordwest Providence Channel und via Nassau (damals ein von Piraten genutzter Handelsplatz) zurück auf die Jumentos, ein logisches Konzept. Also auf diesen Pirateninseln sind wir so Mitte Februar. Am 14. Februar (Valentinstag) kommt eine Kaltfront. Und das ist ein Problem hier, rundum geschützte Ankerplätze gibt es nicht. So versammeln sich logischerweise sämtliche Segler von der ganzen Inselgruppe am noch am besten geschützten Ankerplatz. Wir zählen 14 Boote. Na 14 Boote auf einer Inselgruppe von 150 km Länge, da gibt es kein Gedränge ausser jetzt halt bei der Kaltfront. Es ist Valentinstag und ein Ami von einem Katamaran lädt alle zu einer Pizzaparty auf seinem Kat ein. Jeder bringt was mit und schon bald kennen wir alle Segler der Inselgruppe, Kanadier, Amis, Engländer, Deutsche, Franzosen, Südafrikaner . Man kann über die Amis denken wie man will, aber sie sind unheimlich initiativ und hilfsbereit. Sind drei Boote in einer Bucht und ein Ami dabei, so organisiert der bestimmt was, ein Potluck, eine Beachparty oder sonst was. Wir segeln nun schon Jahre und es sind fast ausschliesslich die Amis die was anreissen. Nach der Valentinskaltfront kommt idealer Passat auf, wir legen ab nach Cuba, Puerto de Vita im Nordosten der Zuckerinsel. Wir machen eine Nachtüberfahrt über den Old Bahamachannel bei idealen Segelbedingungen und kommen am Morgen in Cuba an. Die Berge Cubas leuchten rot bei der aufgehenden Sonne, eine tolle Kulisse. Die Einfahrt in die verzweigte Bucht von Vita ist gut zu finden und wir werden per Funk auf einen Quarantäne-Ankerplatz dirigiert. (So wie früher bei der Grossschifffahrt üblich). Wir staunen. Nach einer halben Stunde kommt der Doktor mit einem Motorbötchen. Er stellt viele Fragen über unseren Gesundheitszustand und stellt mit einfachem Blick fest, dass wir weder Läuse haben, noch Choleraoder Pest, auch kein Gelbfieber, auch Ratten kann er nicht finden, keine kranken Passagiere und auch keine Leiche an Bord. Ok. Nun wird alles auf Papier festgehalten und wir dürfen unsere gelbe Flagge (heisst an Bord ist alles gesund und wir ersuchen an Land gehen zu dürfen) runter nehmen. Wir dürfen anlegen. Am Steg wartet schon eine Empfangskolonne. 2 Hunde, 2 Hundeführer, ein Zöllner, ein Guardamann (Grenzpolizei) und der Hafenmeister. Drogen -und Sprengstoffhund sind sehr unmotiviert, die wollen sofort wieder raus aus unserem Boot, schliesslich haben die Hundeführer ein Einsehen und ziehen mit ihren Spaniels wieder ab. Der Zoll will alles genau wissen, speziell unsere Kommunikationsmittel sind ihm ein Dorn im Auge. Kurzwellensender mit Pactormodem zum Versenden von Emails, Satellitenhandy, GPS usw. Wir dürfen keine Handys an Land nehmen, kein GPS, kein Ipad, nix. Die haben offenbar Schiss wir könnten diese Dinge an Cubaner verlieren. Der Hafen ist gut geschützt, aber leider sind die Einrichtungen am Vergammeln, zudem liegt er recht abgelegen und Transport ist ein echtes Problem, Taxis sehr teuer (auch für CH Verhältnisse), Busse fahren nur manchmal, man muss stundenlang am Strassenrand warten, das scheint eh das Hobby der Cubaner zu sein, warten, warten, warten. Beim Verlassen der Marina werden wir genau kontrolliert, alle Taschen öffnen, offenbar Kontrolle der Kommunikationsmittel. Bei der Rückkehr das genau Gleiche. Mühsam. In der Marina werden von den vielen Wachen alle unsere Bewegungen überwacht und man glaubt es nicht, protokolliert. Sowas haben wir bisher nicht erlebt, weder in Havanna noch in Cayo Largo. Entweder ist die Zeit hier im Osten im tiefen Stalinismus stehen geblieben oder in ganz Cuba haben sich die Dinge verschärft. Wir wissen es nicht. Trotzdem machen wir drei grössere Ausflüge, einen nach Santiago de Cuba, schöne spanische Altstadt und malerische Festung, schönster Friedhof von Cuba mit Besuch am Grab von Fidel Castro. Blumen legen wir keine nieder wie unsere kanadischen Mitreisenden. Fidel hat für Cuba bestimmt viel getan verglichen mit der Zeit davor. Trotzdem, die Leute sind mausarm, es fehlt an allem. Cuba ist undemokratisch und eine Diktatur. Der einzelne zählt nichts, das Kollektiv alles. Die Bespitzelung hier im Osten überall sichtbar, so quasi eine Hälfte der Bevölkerung überwacht die andere. Dafür gibt es keine Blumen. Ein Ausflug in die Umgebung von Holguin mit Zugfahrt. Ein Ausflug in die Sierra Maestra mit Jeep und Führer istebenfalls sehr interessant, ganz andere Gebirgsvegetation, fast wie in der CH. Im Naturschutzgebiet versuchen sie die Artenvielfalt der Gebirgsvegetation zu erhalten, ein sehr interessantes Projekt. Nach zwei Wochen versuchen wir den Absprung von Cuba, müssen aber wieder umdrehen, 2m Welle und fast 30 kn Wind sind zuviel, das Wetter hat sich mal wieder nicht an den Wetterbericht gehalten. Drei Tage später gelingt es, wir sind zurück auf den Jumentos in den Bahamas. Dort werden wir fast eine Woche von Starkwind um die 30 kn festgenagelt, zwar Ostwind, Passat also, aber überstark. Wir treffen uns mit anderen Seglern am Strand im „Hog Cay Yachtclub“, einer von Seglern errichteten Hütte am Strand. Danach geht es nach Norden die Jumentoskette hoch. Ein junges norwegisches Pärchen, auf einem noch kleineren Schiff als unseres, schliessen sich an. Die haben weder gescheite Seekarten noch Handbücher der Gegend. Die Bahamas waren nicht auf ihrem Plan und so fungieren wir als Lotsen und sie folgen uns genau im Kielwasser bis Georgetown. Diesmal nehmen wir das Hog Cay Cut, es ist Springtide und damit 10 cm zusätzliche Wassertiefe, alles geht glatt, wir erwischen genau (natürlich nicht zufällig sondern nach eingehender Rechnerei) Hochwasser bei Stillwasser im Cut. Wir bleiben nur einen Nachmittag und segeln am nächsten Tag hoch bis Cave Cay in den Exumas unter absoluten Traumbedingungen immer an der maximalen Rumpfspeed, ein Achtstundenritt vom Feinsten. Jetzt warten wir wieder mal ne Kaltfront ab und danach soll es zügig nach Florida gehen, unser Flieger geht am 17. April.

 

Rita Schaich

 

Gerold Lüscher