Na da haben wir es ja bis Camaret (bei Brest) geschafft. Nun steht die Biscayaüberquerung an. Also auf ein Wetterfenster warten, d.h. jeden Tag verschiedene Wetterquellen anzapfen, vergleichen und die Wetterentwicklung verfolgen. Am 25.8.07 melden alle unsere Wetterquellen (Meteofrance, US-Wetterdienst weltweit, Dan Martin Meteroeloge, Wetteronline aus D). Für 5 Tage NE-Wind um 5 Bft, einzelne Gewitterböen. Das wäre also Rückenwind, das wovon Segler träumen. Am 26.8.07 um 05:00 legen wir ab, am ersten Tag stimmt die Vorhersage, nur die Wellen passen nicht dazu. Chaotischer Seegang aus allen Richtungen, ca. 3m hoch, dafür Sonnenschein. Ein Riesengewackel den ganzen Tag und die ganze Nacht. Am frühen Morgen des zweiten Tages dann ein Gewitter mit Sturmböen und entsprechendem Seegang in kürzester Zeit. Aber Böen gehen ja vorüber, tun die aber nicht. Der Wind legt zu, von 25 kn Grundgeschwindigkeit bis 42 kn und ca. 4m Seegang. Nur noch Sturmsegel und noch 200sm vor uns, das schlägt auf die Moral. Ich habe die Nase gestrichen voll und denke daran, dann bei Gibraltar nach Osten abzubiegen. Nur Rita scheint das Ganze nicht zu stören, sie will unbedingt an der geplanten Route festhalten und hat mich wieder aufgestellt. Gegen Mittag des zweiten Tages lässt dann der Wind nach, so auf 25 kn, nur das Gewelle bleibt und das kostet unglaublich Kraft. Das kann man sich als Küstensegeler oder Landratte gar nicht vorstellen. Deshalb ein exemplarisches Beispiel. Etwas ganz Banales, gar nicht Heldenhaftes, aber eben ein menschliches Grundbedüfnis, der Gang zum Lokus. Also zuerst verklemmen, so lang wie es irgendwie geht, dann den Niedergang runter, sich mit beiden Händen festhaltend an den Haltegriffen, während das Schiff innerhalb von ca. 2 Sekunden eine Rollbewegung von 60 Grad vollführt. Das braucht dann die ganze Armeskraft, um nicht von der Treppe katapultiert zu werden. Im Schiff angekommen, Sicherheitsweste und Oelzeug ausziehen. Das braucht leider eine Hand, die andere ist aber zu wenig, um sich festzuhalten, also mit den Füssen den Rücken gegen eine Wand stemmen, aber kräftig, sonst schiesst man durch die Beschleunigung der Rollbewegung quer durch den Salon und bricht sich möglicherweise ein paar Knochen. Sich auf den Thron setzen und mit den Armen gut festklemmen, sonst gibt's wieder blaue Flecken. Nach dem Geschäft alles wieder in umgekehrter Richtung, Oelzeug anziehen usw. Die ganze Prozedur dauert mindestens 15-20 Minuten und man ist danach völlig schweissgebadet und erledigt. Ja und das Kochen ? Kann man glatt vergessen, unsere Verpflegung während mindestens 3 Tagen: Brot, Bananen, Schokolade, Dörrfrüchte, Wasser. That's it !
Das Gewackel dauert den ganzen zweiten Tag und die ganze folgende Nacht an. Wir hoffen auf Besserung, aber die Wetterfrösche erzählen nun plötzlich was ganz anderes, von 35 kn Wind und Drehung auf Westen ist da die Rede. Das hat gerade noch gefehlt, das wär dann am Wind und der Kurs für uns nicht mehr haltbar, also dann alternativ ablaufen irgendwo Richtung Baskenland. Der Winddreher kommt den ganzen dritten Tag nicht, hurra ! Aber zu früh gefreut. Am Abend des dritten Tages, ca. 40 sm vor La Coruna in NW-Spanien kommt er dann doch. Segel verkleinern und 50 Grad am Wind, Wellen von hinten, Wellen von der Seite, Wellen von vorne, es spritzt grauenhaft. Bei jeder Welle wird das ganze Schiff geduscht und wir dazu. Lange halten wir das so nicht durch, wenn der Wind noch zulegt, dann La Coruna ade. Nun haben wir auch mal Glück, der Wind dreht auf NW und nimmt ab, ja schläft in der Nacht sogar ein. Um 01:00, 29.8.07, erreichen wir die Marina in la Coruna, geschafft. Am folgenden Tag grosse Wäsche (Schiff und wir). Jetzt werden wir einige Ausflüge in die Umgebung unternehmen, Jakobsweg, Santiago usw., es scheint jetzt sogar die Sonne und es ist angenehm warm.
Biscayaüberquerung
Zugriffe: 844