Gerold Lüsche
La Palma und La Gomera
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La Palma Am 28. Juli 2008 sind wir von Los Gigantes an der Südwestküste Teneriffas nach der westlichsten Kanareninsel, La Palma, gesegelt. An der Nordwestecke von Teneriffa die übliche Winddüse bis 30 kn, danach aber schönes Segeln bis nach Santa Cruz de La Palma. Der Yachthafen in Santa Cruz besteht nur aus einem Schwimmsteg des Club Nautico. Es kommen offenbar sehr wenige Boote nach La Palma, so im Schnitt 1 Boot pro Woche oder weniger. Wir werden von den Mitgliedern des Club Nautico herzlich aufgenommen, es liegen da Argentinier, Spanier, Franzosen und Deutsche-alles Segler, die in La Palma schon seit Jahren hängen geblieben sind. Der Club Nautico ist sehr chic mit Swimmingpool, WiFi usw., nur im Hafen hat es ständig sehr viel Schwell, die Schiffe bewegen sich inklusive Schwimmsteg mehrere Meter hin und her. Zudem wurde der Yachthafen, der bisher der Gemeinde gehoerte und sehr moderate Preise hat, an eine private Firma verpachtet, die baut nun Schwimmstege an Pfählen und will danach das dreifache Liegegeld kassieren. Die Hauptstadt der Insel, Santa Cruz de La Palma, ist ein schmuckes kleines Städtchen im Kanarenstil erbaut und an den Osthang der Insel geklebt. Wir haben für mehrere Tage ein Auto gemietet und die ganze Insel erkundet. La Palma ist sehr grün, überall Fichtenwälder und Bananenplantagen, im Inselinnern hohe Berge und etliche Sternwarten, welche die gute Sicht durch die klare Kanarenluft ausnutzen. Die Bananenplantagen verbrauchen Unmengen an Wasser, aber offenbar ist das kein Problem auf La Palma. Die Insel rühmt sich ein Wanderparadies zu sein, über 1000 km Wanderwege soll es da geben. Im Westen der Insel wurde ein riesiger Hafen gebaut, dahinter liegen nur ein paar Fischerbötchen, der Hafen muss dreistellige Millionenbeträge gekostet haben. Völlig überdimensioniert, an der Hafenmole entdecken wir dann den Grund für das grosszügige Bauwerk, in grossen Lettern steht da „Finanziert durch den Strukturfond der EU“. Im Club Nautico lernen wir Deutsche kennen aus der Ex-DDR, sie haben sich auf La Palma niedergelassen und wir geniessen in ihrem schönen Garten einen unvergesslichen Grillabend. Vom Gartensitzplatz aus hat man die Kanaren sozusagen im Griff oder besser im Blick. Schaut man nach Süden sieht man die Insel El Hierro, im Südosten La Gomera und im Osten Teneriffa mit dem 3700m hohen Teide. Atemberaubend!! Rita besucht mit der Gastgeberin zusammen vom nächsten Tag an einen Patchworkkurs und muss danach natürlich Stoff und alles Material haben, unsere Nussschale geht fast unter, aber ein Schneideratelier braucht halt Material. Wir liegen mehr als 6 Wochen in La Palma und langsam befürchte ich, dass auch wir hier hängen bleiben. Glücklicherweise aber vertreibt uns die Bauerei des neuen Hafenbesitzers; eines Tages liegt ein neuer Schwimmsteg an Pfählen bereit und wir müssen das Schiff an den neuen Steg verlegen. Der einlaufende Hafenschwell verursacht an dem nun durch die Pfähle unflexiblen Schwimmsteg unglaubliche Ruckbewegungen, wir kriegen in der Nacht kein Auge zu und beschliessen am nächsten Morgen sofort auszulaufen, die Ruckbewegungen sind kaum auszuhalten. Der Wetterbericht sagt leider NE-Passat 25 kn voraus und das ist, wenn ich an die nächste Düse denke zuviel, aber noch eine Nacht an diesem Steg kommt nicht in Frage. Kaum haben wir den Hafen verlassen, sind wir auch schon in den 25 kn Wind , schräg von hinten (raumer Wind sagt der Segler) und so 3m Wellen. Es läuft gut, wir steuern die Südwestküste von La Gomera an. Wir haben ziemlich Bammel vor der Düse an der NW-Ecke von Gomera, wir erwarten 25 kn Passatwind plus 15 kn Düseneffekt gleich ca. 40 kn Wind (Windstärke 8). Die Düse kommt schon sehr früh und wir sind volle 2 Stunden drin, Hammerböen bis Windstärke 9, das ist gar nicht lustig und obwohl nur noch unter kleinstem Vorsegel, läuft das Schiff in einem solchen Hammer zweimal aus dem Ruder und wir schlagen quer zur Welle und werden entsprechend geduscht. Innerhalb von einer Strecke von weniger als hundert Metern fällt dann der Wind völlig zusammen-Flaute. Die letzten 2 Meilen zum Ankerplatz bei Valle Gran Rey müssen wir motoren. Am Ankerplatz dann völlige Windstille, nur ein bisschen Schwell und wir das einzige Schiff. La Gomera Endlich mal ein toller Ankerplatz, wenig Schwell, landschaftlich schön und Versorgung in der Nähe. Wir bleiben 1 Woche vor Anker und geniessen es in vollen Zügen. Valle Gran Rey, das Gebiet beim Ankerplatz, war mal die Hochburg der Hippies auf den Kanaren und man sieht da und dort noch so einen Althippie, der nun doch dem Kapitalismus erlegen, irgend einen esotherischen Laden betreibt. Viele Alt –und auch Neuhippies kommen aus Deutschland, Aussteiger und Austeigerinnen eben, die hier ein „besseres“ Leben suchen, aber nach unserer Beobachtung, selten eines finden. Nach einer Woche Ankeridylle kommt heftiger Schwell auf, wir flüchten hinter die Hafenmole der Fischer und finden, dass es da auch ganz nett ist. Bald kommt der Hafenmeister und beordert den Skipper in sein Büro. Er eröffnet mir, dass er leider gezwungen sei mir Liegegeld abzuknöpfen und zwar viel zu viel, er fände das auch nicht richtig, aber die neue Kanarische Regierung hätte das so beschlossen. Ich zahle wie in einer Luxusmarina, aber ohne jeden Service dafür zu erhalten, kein Wasser, kein Strom, keine Dusche, nichts. Am nächsten Morgen kommt er wieder, als er uns sieht macht er schleunigst rechts umkehrt und verschwindet. An den folgenden 5 Tagen ignoriert er uns, schaut einfach durch uns hindurch, wir sind für ihn gar nicht da- und so zahlen wir für die Woche an der Mole dann doch noch angemessen wenig- Gerechtigkeit auf Kanarisch ! Ueberhaupt scheint dieses Prinzip-es besteht ein Gesetz, aber die welche es umsetzen müssen schauen einfach weg- ein sehr Kanarisches Prinzip zu sein. Mit Schrecken haben fast alle Yachten hier von einer Gesetzesänderung vor 2 Jahren erfahren, gemäss dieser müssten alle Yachten welche aufaddiert mehr als 180 Tagen in spanischen Hoheitsgewässern sind unter spanischer Flagge fahren. Das würde erhebliche Umflaggungsgebühren und 12 % Vermögenssteuer auf den Yachtwert nach sich ziehen. Fast alle hier sind mehr als 180 Tage in spanischen Gewässern und müssten also blechen, aber die Hafenmeister hier beruhigen und sagen, sie seien doch im Gegensatz zur Regierung nicht blöd, würde kassiert, blieben die Segler weg und damit das Geld das diese ausgeben auch. Es seien aber schon einige wenige Segler zur Kasse gebeten worden , aber die seien alle negativ aufgefallen, Schwarzgeschäfte und dergleichen. Soweit so gut-trotzdem werden die meisten hier froh sei, wenn die Hurricanesaison zu Ende ist und sie den Atlantik überqueren können, dann sind sie garantiert in Sicherheit vor dem spanischen Fiskus, dafür wieder mehr dem Wetter ausgeliefert- alles kann man eben selten haben !!Seit dem 1. September liegen wir nun an der NE-Ecke von Gomera im Hauptort San Sebastian de La Gomera. Hier haben wir auch unsere Seglerfreunde Anne und Werner, die wir in Sevilla kennen gelernt haben, wiedergetroffen. Sie sind über Madeira nach den Kanaren gesegelt, während wir ja den Weg über Marokko gewählt haben. Wir haben grosses Wiedersehen gefeiert und beschlossen zusammen zu den Kapverden und dann ueber den Atlantik zu segeln. Zusammen heisst nicht im Konvoi, sondern gemeinsamer Start und dann gleicher Zielort mit täglichem Funkkontakt. Gomera hat einen anderen Charakter als La Palma, nur ca. 40% der Insel sind grün, der Rest besteht auch kahlen Gebirgszügen und schroffen Barancos (Trockentäler). Die Zeit hier in Gomera vergeht viel zu schnell, wir liegen nun auch schon 6 Wochen hier. Wanderungen in den Bergen, Schwimmen am Meer, Konzerte, Ausstellungen, Partys und viel viel Wartungsarbeiten lassen keine Langeweile zu. Wir haben unser Schiff vom Masttop bis zur Bilge durchgecheckt und gewartet, jede Schraube die nur vermutlich etwas zweifelhaft aussah, ausgewechselt, mehr kann man einfach nicht tun. Rita hat Gastlandflaggen gepatchworked und mit Ausdauer Staumöglichkeiten im Schiff geschaffen. Ich denke wir sind nun ziemlich transatlantikbereit und brauchen dann halt noch etwas Glück, damit alles klappt. Hier in San Sebastian war in den letzten Wochen das Lustrales Fest. Dieses findet nur alle 5 Jahre statt, das ist so eine Art Erntedankfest mit einer Schiffsprozession. Allerdings ist die religiöse Komponente hier sehr im Hintergrund, es ist einfach ein fröhliches Folksfest. Ja und das Fest dauert nicht wie bei uns ein Wochenende, nein geschlagene 2 Wochen war hier ununterbrochen was los, wir wurden richtig müde vom Festen. An der Schiffprozession, bei der eine Madonna in einer Kapelle abgeholt und zum Hafen eskortiert wird, haben wir auf einem holländischen Schiff mitgemacht. Der Skipper hat am Vorabend genaue Instruktion erhalten, Prozessionsfahrt in genauer Reihenfolge in Viererkolonne. Das Ergebnis kann man auf den Fotos sehen- Viererkolonne auf Spanisch. Inzwischen ist der Hafen hier rappelvoll mit Atlanticos, wie uns die Canarios nennen. Viele Franzosen, Deutsche, Engländer, Skandinavier und auch 3 Schweizer. Die meisten wollen bald los, entweder via Kapverden in die Karibik oder via Kapverden und Senegal nach Brasilien, einige auch direkt in die Karibik. Die Hurricanesaison dauert offiziell bis zum 30. November, aber runter nach den Kapverden kann man schon früher segeln, deshalb wollen auch wir bald los. Uebrigens folgen wir hier berühmten Spuren, auch Kolumbus ist von San Sebastian de La Gomera gestartet auf seiner ersten Reise in die neue Welt. Ihr werdet wieder von uns hören. San Sebastian de La Gomera15.10.08Rita Schaich